Wilhelm Busch hits the Rock

Wilhelm Busch sollte recht behalten: „Erstens kommt es anders zweitens als man denkt“. Genau das ist uns nun passiert.

In Galesville bei Annapolis am Nordende der Chesapeake Bay im Hartge Yacht Harbor sollte die Saphir gut vier Wochen warten bis wir unsere Geschäfte in DE und CH erledigt haben. Dann wollten wir Mitte November weiter über Bermuda zurück in die Karibik und ein paar Monate die großen Antillen besegeln. Erst lief alles nach Plan: Alles was wir vorbestellten wurde pünktlich geliefert und montiert: die neuen Davits (um am Heck unser Beiboot „SeaCow“ aufzuhängen), unser zerrissenes Riesenleichtwindsegel (siehe Blog vom 1.7.19 „Rund Cap Hatteras Bugspriet gebrochen“), das zweite 200 W Solarpanel, und auch die Deckwaschpumpe. Alles da, und der gebrochene Bugspriet sollte während unserer Abwesenheit geschweißt werden.

Klaus nutzte die Zeit um vor der Rückreise die Bilge, sozusagen den Keller, gründlich zu reinigen. Da kam die Überraschung Nummer eins, die kleinere. Denn ein Unglück kann auch in kleinen Schritten kommen. Direkt unter dem Boden unter dem Salon entdeckte er zwei Risse im Rumpf – häßlich in grau. Es war sofort klar: das ist ein Schaden der auf unseren Zusammenstoß mit einem Felsen bei guter Fahrt morgens um 4 Uhr in Grenada zurückzuführen ist (siehe Blog: 19.4.19 „Flucht aus der Karibik I“). Zwei Tage später nahmen wir die Saphir aus dem Wasser. Nun konnte man den Rumpf auch von außen begutachten. Der Bleikiel hatte eine arge Beule und einige Kratzer, aber das war nicht schlimm. Blei ist gegenüber Verformungskräften tolerant und gibt nach. Das ist dann nicht mehr ganz so schön, aber es kommt eh mehr auf das Gewicht an und das bleibt erhalten. Der Rest war augenscheinlich ok.

Diese Reparatur war einfach. Man musste nur den GFK Rumpf innen im Bereich der zwei Risse bis zu deren tiefstem Punkt abschleifen und das Ganze wieder mit Glasfasermatten und Epoxyharz auflaminieren. Wir konnten ruhig abreisen und die Arbeiten der Werft überlassen.

Fünf Tage später erreicht uns eine Email der Werft mit Fotos. Nachdem der Rumpf abgetrocknet war konnte man nun auch die Risse auf der Außenhaut der Saphir gut erkennen – genau da, wo der runde Rumpf in den Kiel übergeht, zogen sich von vorne bis hinten lange feine Risse. Das war jetzt richtig schlimm. Die Überraschung Nummer zwei, die größere, eigentlich eine Katastrophe.

Jetzt wurde klar, dass wir in Grenada doch nicht mit einem blauen Auge davon gekommen sind. Klaus ist vor einer Woche wieder zur Saphir in die USA geflogen um die Reparaturarbeiten zu koordinieren und die Versicherung zu informieren.

Um es kurz zu machen: Die Saphir muss in eine Spezialwerkstatt. Dort wird außen der Rumpf solange abgefräst bis das Ende der Risse erreicht ist. Dann wieder auflaminiert und Gelcoat und Antifouling aufgetragen. Innen wird es komplizierter. Man weiß gar nicht wie groß der Schaden ist, denn man kann wegen der Einbauten nichts sehen. Also werden alle Möbel, Polster, Wasser- und Dieseltanks ausgebaut. Dann alles sorgfältig mit Folie abgeklebt und dann wie außen alles repariert. Ein irrer Aufwand – und weil Winter ist und die Hallenkapazitäten beschränkt sind, wird ein klimatisiertes Zelt um die Saphir gebaut. Das ganze dauert bis Februar im kommenden Jahr und kostet etwa soviel wie ein Automobil eines bekannten schwäbischen Oberklasse-Herstellers. Wir gehen aber davon aus, dass die Versicherung das übernimmt (doch bei dem Eigenanteil der verbleibt bekommt man trotzdem Brechreiz).

So also wird der Heimaturlaub von jetzt bis Februar verlängert. Man denkt es anders als es kommt.