In den kalten Norden

Die Chesapeake Bay liegt hinter uns. Gluthitze, stehende Luft, viel motort, aber eine traumhafte Riesenbucht mit herrlichen Seitenarmen, geradezu ideal zum Ankern mitten in der Natur. Ganz im Norden der Chesapeake liegt Baltimore mit der Johns Hopkins Universität, an der Katrin studiert hatte. Klar, dass wir die Stadt, auch mit alten Studienfreunden, die noch dort sind erlebten.

Am Cape May zum Eingang der Delaware Bay warteten wir in der Marina bis die letzten Ausläufer des Hurrikans ‚Barry‘ über uns hinweggezogen sind. Es gab unglaublich heftige Gewitter und wir waren froh, dass wir uns nicht zum Weitersegeln entschlossen hatten und erst mal auf Gewitter freies Wetter warteten. Ganz im Gegensatz zu unseren Bekannten auf der ‚Andromeda Sol‘, einer südafrikanischen 43 Fuß Sloop. Vor der Delaware Bay hat sie der heftige Gewittersturm mit über 80 kn Wind erwischt.

Das Schiff wurde aufs Wasser gedrückt, der Mast gebrochen. Mit dem Winkelschneider konnte Peter alle Stahlseile (Wanten) kappen, die Reeling abschneiden und so den Mast mitsamt Segeln endgültig versenken, bevor er ein Loch in die Bordwand schlagen konnte. Jetzt liegen sie in einem sicheren Hafen und werden wohl die nächsten Monate damit verbringen, alles zu reparieren und sich mit der Versicherung rumzuschlagen.

Dann kam die nächste Nachricht von Bekannten auf der ‚Seatramp‘. Wir hatten sie in St. Martin (Karibik) in einem Supermarkt kennengelernt und am Abend den Sundowner zusammen auf der Saphir eingenommen. Sie sind in Panama, auf dem Weg von Colon (Eingang Kanal) zu den weiter südlich gelegenen St. Blas Inseln. Nach dem Ausfall des Motors mussten sie in einer einsamen Bucht ankern. Am Abend kamen 6 Banditen und überfielen sie, Pistole am Kopf, alles herausgezerrt und alle elektronischen Geräte weg. Wenigstens sind sie ohne körperliche Blessuren davon gekommen.

Auf der Saphir nehmen wir uns diese Vorkommnisse sehr zu Herzen und versuchen unsere Lehren daraus zu ziehen. Jedenfalls werden wir in Zukunft noch vorsichtiger sein, als wir es eh schon sind. Lieber einen Tag länger auf besseres Wetter warten bzw. niemals alleine ankern, wenn alle einschlägigen Informationsdienste dringend davon abraten. Wir sind froh, dass bisher noch nie etwas ernsthaftes passiert ist.

Daher war unsere 3-tägige Überfahrt von Cape May nach Cape Cod ein gemütliches, unaufgeregtes Segeln, wenn man mal von zeitweise eher zu wenig Wind (Geduld!) absieht.

Nach unserer Ankunft in Provincetown wurden wir mal wieder von einem heftigen Gewitter überrollt – viele Blitze pro Sekunde. Doch bei uns hielten sich die Windböen mit bis zu 35 Knoten in machbaren Grenzen. 15 km weiter südlich allerdings gab es deutlich mehr.

Glück gehört auch dazu. Wir genießen es in Demut.

Seit drei Tagen sind die Temperaturen so gefallen, dass wir nun nachts eine richtige Decke brauchen. Ich hatte auch schon einen Tag mit langer Hose, Pullover und…Socken. Daher erfreuen wir uns an unserem neuen Cockpitzelt (Kuchenbude). Es ist wie ein großes Wohnzimmmer, trocken und windstill.

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Wer hat die größte Rute?

Gestern sind wir am Cape May angekommen. Das liegt am Eingang der Delaware Bay am Atlantik. Nach den letzten Tagen in der Chesapeake und Delaware Bay schnuppern wir nun wieder Atlantikluft. Bis auf wenige Ausnahmen mussten wir wegen Windmangel sehr viel motoren. Nun hoffen wir auf gutes Wetter für unseren größeren Schlag nach Cape Cod und Maine.

Wir waren unter Motor in der Chesapeake unterwegs als wir eine langsame und stetige Zunahme von Vibrationen auf der Steuerbordseite der Saphir wahrnahmen. Helle Aufregung! Woher kommt das? Was ist das?

Wir checken den Motorraum, alles ok. Der Volvo läuft absolut rund. Der Schaft der Schraube läuft ebenso rund. Im Achterbadezimmer und in unserer L-Küche an Steuerbord ist es am lautesten – auch wenn wir die Ohren gegen die Bodenbretter halten.

Vielleicht ist etwas in die Schraube gekommen. Also Stop und volle Fahrt rückwärts. Die Vibration verschwindet. Wieder vorwärts, keine Vibration. Also alles gut? Nein, nachdem wir wieder auf Kurs sind vibriert wieder die Steuerbordseite. Wir spekulieren schon, dass die Saphir auf den Kran muss, da nimmt die Vibration wie von Geisterhand ab und hört endlich ganz auf.

Gut! Und endlich haben wir auch eine vernünftige Erklärung gefunden: Uns kam in einiger Entfernung ein Schlepper entgegen, der einen Leichter zog mit einer Unmenge Containern drauf. Der Schlepper hatte schwer zu schleppen und ließ seinen Motor entsprechend drehen. Im Wasser pflanzten sich seine Vibrationen bestens fort. Dieses Phänomen hatten wir noch ein paar Mal, aber dann ohne uns weiteren Stress zu verursachen.

Die Chesapeake Bay ist wunderschön, tolle Creeks mit Ankerplätzen, schöne Natur mit großen Laubbäumen – eigentlich. Das Wasser aber ist so grün und dreckig, dass wir auf keinen Fall baden wollten und es herrscht eine unglaubliche Hitze – wenn nicht gerade heftige Gewitterschauer vom Himmel fallen. Allein unser Wassermacher freut sich, denn der Salzgehalt ist sehr gering und wir können Wasser ohne großen Druck produzieren.

Cape May ist ein Mekka der Hochseefischer. Die „Game fishing Yachts“ sind von ansehnlicher Größe, meist vierstockig, mit starken Motoren (1000 PS, 12.000 Liter-Tanks, 15 Knoten Reisegeschwindigkeit und 700 Kilometern Reichweite, also 17 L/km)

Besonders beeindruckend sind die Stühle (sie heißen tatsächlich „Kampfsitz“) für den Sportfischer. Ein wenig erinnert er an einen Stuhl beim Urologen, aber schön gepolstert. Hier wird der Kampf Mann gegen Fisch ausgetragen. Hemingway hätte seine helle Freude – der Fisch eher weniger, denn er hat eigentlich keine Chance. Links und rechts eine Batterie von Halterungen für kleinere Angeln. An den Schiffseiten sind riesige Angeln angebracht, jede mit drei Schnüren bestückt. Keine Ahnung, wenn alle Schnüre draußen sind, wie sie das perfekte Schnurchaos vermeiden.

Als Köder dienen Thunfische und gefangen werden bis zu 400 kg große Marlin. Essbar sind diese nicht mehr, dafür werden sie ausgestopft und im Anglerclub an die Wand genagelt.

Rund Kap Hatteras Bugspriet gebrochen

Zwei Nächte haben wir gebraucht um vom Kap Lookout/Beaufort nach Deltaville/Chesapeake Bay zu segeln.

Die Windvorhersagen waren sehr gut. Kap Hatteras ist berühmt als Schiffsfriedhof des Atlantiks. Dort trifft der warme Golfstrom aus dem Süden auf den kalten Labradorstrom aus dem Norden. Das führt, insbesondere bei kräftigem Wind aus Norden sehr schnell zu bedrohlichen Verhältnissen. Vorhergesagt waren SW-Winde mit 10-15 Knoten – herrliches Segelwetter und beste Verhältnisse für die Rundung.

Tatsächlich waren die Winde anfangs eher schwach und wir mussten viel motoren. Doch als wir rum waren und nördliche Richtung segelten hatten wir schönen Wind aus Süden – und überhaupt keine Gewitter. Gerade richtig um unseren Blue Water Runner zu setzen.

Gesagt getan.

Herrlich wie das Leichtwindsegel die Saphir beschleunigte, wir waren sofort nahe unserer Rumpfgeschwindigkeit. Doch mein Kontrollgang änderte die Einschätzung der Situation schlagartig. Unser komplizierter Bugspriet, an dem das untere Ende des Segels befestigt ist war fast durchgebrochen und stand nach oben weg. Der Verlust des Segels hing am seidenen Faden. Schnell rollten wir das Segel ein. Allerdings nur noch zu etwa 3/4, dann knallte auch der letzte Rest des Edelstahlspriets durch und das Ende flog frei. Zu zweit kämpften wir mit aller Kraft, konnten wir es gerade noch einfangen und durch das vordere Luk in Sicherheit bringen.

Tatsächlich hat der Stahlschweißer in Ft. Lauderdale gepfuscht und den Spriet nicht korrekt gebogen. Wir hatten Glück, denn der Bruch hätte weitaus dramatischere Folgen gehabt wenn der Wind nur 2-3 Knoten kräftiger gewesen wäre. Jetzt sind (mal wieder 😢) Reparaturen geplant. Leider hat unser nagelneues Segel auch zwei Risse abbekommen.

Ansonsten genießen wir das herrliche Wetter und die nun kühlen Nächte in Deltaville – eine neue Erfahrung nach den tropischen Verhältnissen, die uns seit Trinidad begleiten.

Aber mit Baden ist wohl Schluss für die nächsten Monate. Hier ist es zwar noch warm, aber das Wasser sieht schrecklich grün aus und so gar nicht einladend.