Bahamas bestechende Buchten

Nach den Turks & Caicos verließ uns der Wind. Die Bahamas erreichten wir unter Motor. Und das Wetter war überhaupt nicht mehr so wie bisher. Aber eins nach dem anderen!

Die erste Insel (eine von unzählig vielen) war Acklins Island im äußersten Südosten. Unsere erste Ankerbucht – ein Traum. Grünes Wasser mit Blick auf den Grund. So klar, dass man fast die weißen Sandkörner zählen kann. Kaum ist der Anker gefallen werden wir von zwei Fischern begrüßt. Mit ihnen sind wir schnell handelseinig und kaufen für unser Dinner einen schönen Fisch, frisch gefangen, frisch geputzt und frisch ausgenommen.

Bei dem Bad im 28° Wasser irritiert nur der neugierige Barrakuda und der Gitarrenhai (Hai klingt gut, aber tatsächlich ist es ein ungefährlicher Rochen), die sich beide unter der Saphir im Bootsschatten aufhalten.

Noch eine Fahrt mit der Sea Cow zum langen, einsamen Strand, ein schöner Spaziergang und dann den Fisch in den Backofen und Abendessen.

Dann kommt der Besuch, unangemeldet, in großer Zahl und sehr hungrig: eine wahre Armada von Moskitos. „Anti-Brumm forte“ versagt. Wir fliehen ins Schiffsinnere und verbarrikadieren alle Eingänge mit Fliegennetzen. Irgendwie hilft es nicht. Bis wir feststellen, dass sie durch die Deckslüfter den Weg nach innen finden. Also werden auch die geschlossen. Und dann beginnt auf beiden Seiten der Blutrausch. Mindestes 40 Stiche und mehr als das doppelte an toten Moskitos. Leider erwischen wir nicht alle, auch in der Nacht piesacken sie uns weiter.

Am nächsten Morgen schmieden wir die Abwehrstrategie. Wir ziehen ein großes Fliegennetz, das eigentlich für ein großes Bett gedacht ist über unser Cockpit – und glauben uns geschützt. Es hält das Abendessen durch, das wir mit zwei Seglern aus dem Nachbarschiff einnehmen. Es gibt Fidels (der Fischer) berühmten Conchsalad (Conch = Riesenmuschel) mit Kartoffeln. Doch am nächsten Morgen sind wieder mehr Moskitos innen als außen. Weiß der Himmel wie die reingekommen sind.

Gleich nach dem Gewitterschauer verlassen wir fluchtartig die Bucht.

Die Folgetage verbringen wir in sehr schönen Buchten, aber es gibt keinen Wind mehr zum Segeln und mindestens einmal am Tag zieht eine Gewitterfront durch, die den Wind mal eben auf 25 kn beschleunigt und es richtig regnen lässt. Meist haben wir Glück und erleben das vor Anker.

Seglerisch lernen wir nun Neues. Die Gewässer sind extrem flach und haben zudem 70-100cm Tide. Manche Buchten lassen sich sicher nur bei Hochwasser befahren. Dazu kommt eine alle gut 6 Stunden drehende Strömung, die Einfahrten/Passagen zwischen den kleinen Inseln durchaus aufregend gestalten kann.

Das heißt wir probieren segeltechnisch die Quadratur des Kreises: Gezeitenhöhe, Uhrzeit, Strömung, Windstärke, Windrichtung, Unwetter, Wassertiefe, alles muss passen.

Bis jetzt konnten wir noch aus jedem Kreis ein Quadrat machen. Hoffen wir, dass es so bleibt.

Kreuzfahrers karibischer Ramsch

Die Fortsetzung unserer „Flucht aus der Karibik II“ bringt uns von Antigua zu der Insel Providenciales in den Turks & Caicos, einer weiteren britischen Kronkolonie (wie viele haben die eigentlich immer noch?), die wie alle von ihnen vom Offshore Finanzgeschäft, in der Regel mit zweifelhaftem Ruf, lebt.

Auf unserem Weg liegt zunächst die Insel Barbuda: wunderschön wie das Paradies mit schneeweißen Stränden und türkisblauem Wasser. Barbuda wurde von dem Hurrikan Irma (dem schlimmsten aller bisher gemessenen) völlig verwüstet und hat sich bis heute nicht davon erholt. Einzig ein Luxus-Club-Zeltdorf ( die Firma heißt „Love, Peace and happiness“) ist an der Südspitze entstanden. Es ist aber nur für Mitglieder, nichtmal eine Pina Colada an der dortigen Sunsetbar wird uns Segler gegönnt. Wir spekulieren über die Kosten einer Mitgliedschaft. Sie dürfte weit über dem Jahreseinkommen eines Arbeiters liegen.

Dann folgen Inseln, die allesamt von Kreuzfahrtschiffen angefahren werden: St. Kitts & Nevis, Sint Maarten/St. Martin. Es ist ein wahres Kreuz mit diesen Schiffen. Sie laufen in den frühen Morgenstunden mit dem Sonnenaufgang in die Häfen ein und verlassen sie wieder bei untergehender Sonne – eine Insel pro Tag für die Kreuzfahrer.

Diese verlassen nach dem Frühstück ihr schwimmendes Hotel und machen sich im Pulk zu hunderten und in der Saison zu tausenden im Hafenviertel breit. Erwartet werden sie in dazu zum Teil eigens aufgebauten Ramschläden. Dort finden sie Billigschmuck, Billiguhren, billige Elektrogeräte, billige Kleidung, Flip Flops, alles aus vietnamesisch-chinesisch-koreanischer Produktion und -und das kommt der einheimischen Tradition wenigstens ein bisschen nahe – Rum und Zigarren. Jeder Laden hat eine ein Kubikmeter große Musikbox vor der Türe, die in voller Lautstärke dröhnt. Es klingt mit 110 Dezibel wie auf dem Rummel, immer knapp unter der Schmerzgrenze.

Am Abend, oder auch an Tagen an denen kein Schiff anlegt bleiben die Läden überwiegend geschlossen.

Uns hat dieser Abschnitt der Karibik gar nicht gefallen und wir können jedem die schnelle Durchreise empfehlen.

Und dann kommen wir wieder in die Karibik wie wir sie aus den Prospekten kennen. Erst die britischen und dann die amerikanischen Jungferninseln. Die letzteren haben uns besonders gut gefallen. Es gibt wieder schöne Strände und traumhafte Buchten mit türkisblauem Wasser. Auf St. John, einer Privatinsel, die sich einst Rockefeller einverleibt hat machen wir eine große Wanderung durch die Berge. Der Kauf war eigentlich ein Glücksfall für die Insel, denn Rockefeller machte am Ende einen riesigen Naturpark aus ihr. Natürliche Fauna und Flora haben sich im Gegensatz zu den anderen Inseln erhalten.

Von dort machen wir einen großen Schlag über 3 Nächte auf See und insgesamt 490 Seemeilen (ca. 900 km) zu den Turks & Caicos Inseln. Wir haben traumhafte Segelbedingungen mit guten Winden zwischen 16 und 22 Knoten aus östlicher Richtung.

Es waren wohl die letzten verlässlichen Passatwinde. Denn, solange ich dies schreibe sitze ich zwischen den Turks & Caicos und den südöstlichen Bahamas im Cockpit der Saphir. Wir rollen bei Schwachwind mit 3-4 Knoten Schleichfahrt in einem wenig bewegten Ozean mit schlagenden Segeln hin und her. Dazu kommt, dass wir die direkte Route mangels Wind nicht mehr segeln können und einen größeren Umweg machen.

Nun, um 17.30 Uhr, ist der Wind fast ganz eingeschlafen. Wir haben noch 100 Meilen (180 km) vor uns. Motor an wird nichts mehr bringen, zu groß ist der Ozean. Wir werden vielleicht eine ganze Weile noch vor uns hindümpeln….

Heute ist Sonntag. Da gibt es traditionell Sauerbraten mit Spätzle und Kartoffelsalat. Das Dinner wird bestimmt nicht von dringenden Segelmanövern unterbrochen.