Dieser Blog richtet sich an alle, die mehr über den Hydrogenerator Watt & Sea wissen wollen. Für alle anderen ist er stink langweilig 😉
Zur Unterstützung unserer Stromversorgung während des Segelns haben wir einen Hydrogenerator einbauen lassen: Watt & Sea 300 Cruising mit Langschaft (970mm), großer 280mm Propeller.
Unser Schiff ist eine Hallberg Rassy 43 MK III Baujahr 2013.
Der Watt & Sea hat gute Leistungsdaten, aber Schwächen bei der Installation, der Verkabelung und am gravierendsten im Handling.
Der Einbau erfolgte Anfang September 2017 in Gibraltar durch einen deutschen W&S-Vertreter. Weil wir dort eine „Yacht in Transit“ waren, mussten wir keine Mehrwertsteuer bezahlen. Das allerdings relativiert sich wieder etwas durch die zusätzlich angefallenen Reisekosten. Insgesamt hat uns der Einbau 5.200 Euro gekostet. Der Einbau inklusive dem Verlegen aller Verkabelungen hinter der Bootsverkleidung im Innern dauerte ca. 5 Stunden. Der Laderegler wurde unterm Bett gleich bei den AGM-Batterien befestigt. Der W&S selbst wurde mit der Original-W&S-Universalhalterung auf der Backbordseite so tief wie möglich installiert.
Wir freuten uns auf unsere erste Probefahrt von Gibraltar nach Teneriffa…..5-6 Tage auf dem Atlantik.
Soweit so gut.
Probleme durch falsche Installation:
Gleich bei der ersten Inbetriebnahme, nachdem wir die Straße von Gibraltar durchquert hatten, zeigte sich, dass der W&S keine Leistung abgab. Gleichzeitig machte der W&S extrem laute Geräusche und starke Vibrationen, die man im ganzen Schiff vernehmen konnte. Es klang als ob jemand mit einem Schwingschleifer am Heck arbeitete – ändernden Drehzahlen. Absolut nervtötend! Wir ließen den W&S den ganzen Tag über laufen, in der Hoffnung, dass er irgendwann doch noch Leistung zeigen würde. Am Abend und für die Nacht waren Lärm und Vibrationen nicht mehr erträglich. Wir nahmen ihn aus dem Wasser um gleichzeitig festzustellen, dass auch die Leine zum Absenken des Generators fast durchgescheuert war.
Unser Installateur aus Deutschland sagte, dass die Software des Laderreglers die falsche für unsere AGM-Batterien sei. Nachdem die Saphir dort ins Winterlager an Land kam, bauten wir den Laderegler aus und wir nahmen ihn mit nach Deutschland. Dort versandten wir ihn zum Installateur zur Umprogrammierung. Zu diesem Zeit Punkt verstanden wir nicht, warum man nicht bei Bestellung gefragt wird, welchen Batterietyp man hat um dann ab Werk gleich die richtige Software aufzuspielen.
Übrigens wird der Laderegler mit einem Klettband befestigt. In den Wellen fiel er dauernd runter. Wir haben das behoben, indem wir später einen Alubügel zusätzlich angebracht haben.
Ende Dezember 2017 ging die Saphir wieder ins Wasser, der nunmehr neu programmierte Laderegler wurde wieder installiert. Die Leinen zum Absenken und Liften haben wir durch stärkere ersetzt.
Auf dem Weg von Teneriffa auf die Kapverden hatten wir wieder die gleichen Probleme wie nach Gibraltar – Lärm und Vibrationen. Die W&S-Leuchtdioden zeigten an, dass der W&S ein ‚Connection Problem‘ hat. Also hatten wir auch auf dieser Strecke keinen W&S-Strom und mussten uns mit dem Dieselgenerator aushelfen.
Auf den Kapverden beauftragten wir einen Elektriker, das Connection Problem zu finden. W&S war bereit eine Stunde dafür zu bezahlen. Tatsächlich fand der Elektriker sehr schnell eine Quetschverbindung, die nicht funktionierte. Das wurde schnell repariert und wir hatten die Hoffnung, dass der W&S nun für die große Überfahrt nach Barbados fit war.
Weit gefehlt! Auch für die 2.000 Seemeilen über den Atlantik nach Barbados hatten wir wieder exakt die gleichen Probleme. Also ging der W&S schon kurz nach dem Start Mitte Januar 2018 wieder aus dem Wasser. Erst Ende Januar konnte ein Elektriker in St. Lucia, der konsequent alle Leitungen durchgemessen hat feststellen, dass die Polung im Stecker des W&S nicht zu der Polung der Rumpfsteckdose passte. Wie das sein konnte war unerklärlich. Alle Teile wurden von W&S geliefert. Die Kosten der Reparatur hat der deutsche Installateur übernommen. Man muss an dieser Stelle festhalten, dass die Installation sehr schlecht ausgeführt wurde. Es hätten viel bessere Checks durchgeführt werden müssen, ins besondere die Verkabelung hätte konsequent über alle 3 Phasen gemessen werden müssen. Stattdessen hat sich der Installateur nur auf die Leuchtdiodenanzeige des W&S verlassen.
Ende Januar 2018, also 5 Monate nach der Erstinstallation funktionierte der W&S zum ersten Mal! Doch leider nur für kurze Zeit…
Bereits nach 300 Seemeilen in der Karibik mit typischen Winden bis 20 kn und mäßiger See hat sich die Aufhängung des W&S verbogen und kurze Zeit später ist auch noch der „Low friktion ring“, der zum Absenken gebraucht wird gerissen.
Dies ist der Stand per heute – 7 Monate nach Erstinstallation. Wir werden in St. Lucia die Halterung komplett überarbeiten lassen, auch unter Berücksichtigung der sehr schlechten Erfahrungen, die wir im Handling des W&S gemacht haben. W&S hat angeboten, das verbogene Teil auf unsere Kosten nach Frankreich zur Prüfung zu schicken und auf ihre Kosten ein neues zu senden. Das ganze dauert wahrscheinlich 4-6 Wochen in der Abwicklung. Darum, und insbesondere weil wir kein Vertrauen in die Halterung haben, haben wir den Vorschlag nicht angenommen.
Übrigens: Wir haben einige Segler mit einem W&S getroffen. Nur ein einziger unter ihnen konnte von keinen Problemen berichten. Der allerdings hatte ihn noch nie benutzt. Und keiner hatte die Originalhalterung.
Nun zum Handling des W&S:
1) Mit dem W&S kann man nicht rückwärts fahren, solange er im Wasser ist, denn das würde ihn verbiegen.
2) Man soll ihn überhaupt nicht benutzen wenn man unter Maschine fährt, denn dann übernimmt die Lichtmaschine bereits die Ladung und der W&S macht Lärm und Vibrationen.
3) Den W&S kann man nicht unter (Vorwärts-)fahrt absenken, denn gegen die Strömung kann man ihn nicht senkrecht nach unten befestigen. Also muss man zum Absenken immer anhalten!
Zur Zeit ist der Atlantik voll mit Sargassum (eine Alge mit einem Verhalten wie Schlingpflanzen), das sich dauernd um den Schaft des W&S wickelt und dann den Propeller behindert. Es gibt keine Möglichkeit das Sargassum zu entfernen ohne anzuhalten 😦 Leider gibt es auch in der Karibik zwischen den Inseln immer wieder Felder mit Sargassum. Absolut nervtötend den Propeller und Schaft wieder und wieder zu befreien. Manchmal hat man Glück und eine größere Welle spült das Zeug weg. Wie man allerdings unter solchen Bedingungen den W&S auf dem Atlantik hätte benutzen können bleibt uns ein Rätsel.
Zum Liften und Absenken gibt es zwei Leinen, die durch eine Curryklemme geführt werden. Toll, wenn beide gleichzeitig drin sind -und das ist meist so – geht gar nichts. Das System blockiert sich selbst. Also muss man – auch bei 7 kn Fahrt und guter Welle – sich weit hinunter beugen (man liegt mit dem Bauch auf dem Deck) und zerrt die gerade nicht gebrauchte Leine aus der Curryklemme.
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Anheben geht nur, wenn man vorher den mitgelieferten Flaschenzug irgendwo am Schiff und Aufholleine festgemacht hat um die 40 kg maximale Hebelast zu stemmen. Der wird dann schnell zu einer zusätzlichen Stolperfalle.
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Nett ist auch, dass sich die Aufholleine immer von der für sie vorgesehenen Spur löst und seitlich hängt. Dann verliert man den Hebelarm komplett und kann nicht aufholen. Auch hier muss man sich wieder auf den Bauch legen und gut 80 cm tiefer die (rote) Leine in die Spur bringen.
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Um das ganze System sicherer zu machen haben wir zwei zusätzliche Curryklemmen und eine kleine Klampe direkt über dem W&S installiert. Wir hatten Sorge, dass die eine W&S-Klemme nicht ausreicht um über einen langen Zeitraum die entstehenden Kräfte (bis 300 kg) zuverlässig aufzunehmen.
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Im angehobenen Zustand schwenkt der W&S bei jeder Welle hin und her. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Wir haben deshalb eine Gummileine zur hinteren Klampe gezogen, die den W&S in einer Position festhält. Diese Maßnahme war die offizielle Empfehlung des deutschen Installateurs. Es funktioniert, aber es sieht echt beschissen aus.
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Zuletzt noch eines: zum Abbauen des W&S muss man die Längsachse herausziehen. Dazu ist praktischer Weise oben ein Ring befestigt. Leider ist der so eng an der restlichen Halterung, dass man ihn fast nicht herausbekommt, zumal man ja noch gleichzeitig den W&S festhalten muss, der sonst ins Wasser fiele.
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Zu allerletzt: Unser W&S wurde viel zu hoch montiert. Für unser Schiff hat eigentlich die Universalhalterung nicht gepasst. Trotzdem wurde sie eingebaut (und wir wussten ja nicht wie es wirklich sein sollte, 30 cm unter Wasser). Nun ist es so, dass bei großen Wellen und insbesondere wenn wir auf dem Steuerbordbug mit Lage segeln der W&S die meiste Zeit außerhalb des Wassers ist.
Noch ein Wort zu der Leistung des W&S:
Damit sind wir zufrieden. Unser Schiff hat eine Rumpfgeschwindigkeit von knapp 9 kn. In der Realität (Passatwinde bis 20 kn) segeln wir meist mit 6-8 kn. Dann bringt der W&S 10-12 Ampere. Das reicht fast aus um den Stromverbrauch unserer zwei Plotter, Freezer, Kühlschrank, Autopilot, AIS, VHF, Navtex und Tablets zu kompensieren und wir kommen mit fast vollen Batterien bis zum Ankerplatz. Es zieht meist nur 3-5 A aus den Batterien.
Es gibt fast keine Geräusche und Vibrationen. Eine verminderte Fahrt durchs Wasser konnten wir auch nicht feststellen.
Würden wir wieder einen W&S einbauen?
Ein sehr bedingtes ‚ja‘: Nur, wenn die Halterung an unser Schiff korrekt angepasst wird und ausreichend stark dimensioniert ist, wenn sich das Handling dramatisch verbessert, wenn die Konstruktion sich selbst von Sargassum reinigen kann, wenn man auch unter Motor den W&S im Wasser lassen kann und wenn uns die Gummileine erspart bleibt. Wir haben den Eindruck, dass das Augenmerk der W&S-Entwickler sich vor allem auf die elektrische Leistungsfähigkeit fokussierte und zu wenig auf das einfache Bedienen gerichtet war. Da gibt es noch eine echte Aufgabe!